Die Stadtgemeinde Wernstadt im Gerichtsbezirk Bensen bestand aus dem geschlossenen Stadtgebiet, den nordwestlich gelegenen Häusern am Gottesberg, dem Töpferhäusel, dem Friedhof, der Ziegelei und den Ortsteilen „Haus der ehemaligen Frischglückzeche”, „Alte Fabrik”, Bahnhof, Herminenbad und Schützenhaus. Die Gesamtfläche der Gemeinde betrug 855 ha. Das Gemeindegebiet nimmt eine hochgelegene, von Westen nach Osten geneigte Mulde ein und liegt im Böhmischen Mittelgebirge. Wegen des rauhen Klimas waren die Ernteerträge mäßig, dafür hatten Viehzucht und Milchwirtschaft eine größere Bedeutung. Seit 1880 wurde der Eislauf und seit 1900 der Skilauf gepflegt, als der damals in Trondheim lebende Wernstädter Ferdinand Schindler ein Paar norwegische Ski mitbrachte. Wernstadt besaß die landwirtschaftliche Struktur eines Landstädtchens in Industrienähe. Der in der Landwirtschaft tätige Bevölkerungsteil betrug rund 12 %, der Anteil an industriellen und handwerklichen Berufen belief sich auf über 40 % und war für eine Stadt relativ niedrig. Der Anteil der Bewohner am Wirtschaftsbereich Handel und Verkehr lag bei 18 %. Viele Arbeiter pendelten zu Arbeitsplätzen in Tetschen, Bensen, Franzenthal, Pömmerle und Schreckenstein.
Kirchliche Verhältnisse
Die Pfarrei von Wernstadt wurde sicher mit Gründung des Ortes Wernersdorf etwa Mitte des 13. Jahrhunderts eingerichtet. Nach der lutherischen Zeit von 1573 bis 1623 wurden die alten Pfarreien Saubernitz (mit acht Ortschaften) bis 1723 und Reichen (mit vier Ortschaften) bis 1787 als Filialen an Wernstadt angeschlossen. Das ursprüngliche Kirchspiel umfasste neben Wernstadt selbst auch Ober- und Niederschönau. Ab 1835 wurde Klein-Jober im Kreis Böhmisch Leipa und 1883 Tschiaschel, welches vorher bei Munker im Kreis Leitmeritz gewesen war, eingepfarrt. Die Matriken sind durchwegs seit 1669 erhalten, jene von Tschiaschel (die in Munker geführt wurden) seit 1656. Die Wernstädter Pfarrkirche St. Anna wurde in den Jahren 1563 bis 1565 in gotischem und Renaissancestil anstelle eines kleineren Gotteshauses errichtet und nach dem Stadtbrand von 1709 barock überbaut. Die Wallfahrtskirche zur Hl. Dreifaltigkeit stand auf dem Gottesberg etwa 1,5 km nordwestlich von Wernstadt, die sich rasch zu einer viel besuchten Wallfahrtsstätte entwickelte.
Pfarrkirche St. Anna
Geschichtliche Entwicklung
Das ursprüngliche Wernersdorf hatte seit seiner Gründung in der Mitte des 13. Jahrhunderts als zweireihiges Waldhufendorf ein deutschrechtliches Erbgericht. Die älteste bekannte urkundliche Nennung beinhalten die lateinisch geführten Papstzehentregister von 1352 bis 1405, in denen „Wernherivilla” (= Wernersdorf) aufgeführt ist. 1497 wurde Wernersdorf mit gleichzeitiger Einführung des Namens Wernstadt zur Stadt erhoben. An der Spitze der Stadtverwaltung standen zwölf „Ratmannen”, aus deren Mitte der Bürgermeister gewählt wurde. Der Ortsname geht eindeutig auf den Personennamen Werner zurück. Das Gebiet um Wernstadt kam 1283 zur damals errichteten Herrschaft Scharfenstein der Herren von Michelsberg. Besitznachfolger waren die Herren von Wartenberg (die auch südlich gelegene Gebiete der späteren Herrschaft Liebeschitz erwarben) und die im Jahre 1511 ihren Besitz verkauften. Dabei trennten sie das Gebiet um Wernstadt von Scharfenstein ab und vereinigten es mit der noch in ihrem Besitz gebliebenen Herrschaft Liebeschitz. 1537 folgte der Ritter Karl Dubansky von Duban auf Auscha als Grundherr für Liebeschitz und damit auch für Wernstadt. Im 16. Jahrhundert kam es zu einer Aufsplitterung des Gebietes in einen Liebeschitzer Teil (mit einem Drittel von Wernstadt und der Hälfte von Groß-Zinken), in einen Koblitzer Teil (Ober- und Niederkoblitz), der dann nochmals in die zwei Güter Oberkoblitz (bzw. Ploschkowitz) mit einem Drittel von Wernstadt und der Hälfte von Blankersdorf sowie Ober- und Niederschönau und Niederkoblitz (mit einem Drittel von Wernstadt und je der Hälfte von Blankersdorf und Groß-Zinken) geteilt wurde. Im Jahre 1850 wurden alle drei Teile von Wernstadt wieder vereinigt und in den Gerichtsbezirk Bensen eingegliedert.
Familiennamen aus dem 16. und 17. Jahrhundert
Die ältesten Nennungen von Familiennamen sind 1530 Michel Dietrich, 1546 Veit Ehrlich (aus Tetschen zugezogen), um 1550 Fock, Kanneberger, Melzer, Pöschel und Reiff (alle aus Tetschen bzw. Bensen); 1552 Bönsch, Deutschel, Hacker, Knöchel, Neumann, Peck, Riedel, Riemer, Ritter, Schneider, Wagner, Wanutz und Werner; 1576 Hein, Kunz, Motz, Schmied und Smolnik; 1610 Kreibich; 1645 Mattausch, Mittag und Renftel. Nach der Steuerrolle von 1654 standen 99 Häuser in der auf drei Herrschaften aufgeteilten Stadt. Die Familiennamen der Ackerbürger waren Mattausch Weiß, Bönsch, Knöchel, Krolop und Werner. Die übrigen Bürger hießen Reiff, Bönsch, Goldammer (tschechisch „Strnad” bezeichnet), Kammel, Kreibich, Kriesche, Markert, Matzke, Müller, Purkert, Piesche, Richter, Sander und Weigel. Von den fünf Häuslern trugen zwei den Namen Kammel und je einer den Namen Kral, Kreibich und Richter. 1713 hatte die Stadt 151 Häuser. Die Familiennamen waren (nach der Häufigkeit) Reiff, Hein, Richter, Knöchel, Lehmann, Bönsch, Mattausch, Wagner, Klein, Krolop, Müller, Purkart, Fiedler, Kreibich, Kunze, Schneider, Weber, Weiß, Gabriel, Horn, Kammel, Kummer, Markert, Palme, Porsche und Renftl. 1787 hatte Wernstadt - bedingt durch den wirtschaftlichen Aufschwung, den die Gründung der Kattundruckerei durch Johann Josef Leitenberger 1770 auslöste - 211 Häuser. 1833 standen 251 Häuser, in denen 1.453 Einwohner lebten. 1910 wohnten 2.078 Bewohner in der Stadt und 1930 waren es nach einem wirtschaftlichem Rückgang noch 1.587 Einwohner. 1939 betrug die Zahl dann 1.400.
Familiennamen 1934
Die häufigsten Familiennamen 1934 lauteten Richter, Knöchel, Mattausch, Kammel, Thum, Wagner, Markert, Krolop, Matzke, Mittag, Renftel, Bönsch, Sander, Werner, Bittner, Hein, Heller, Reiff, Schilhabel, Schneider, Weigel, Ankert, Hortig, Ihme, Jande, Kaufluß, Krombholz, Lehmann, Müller, Neumann, Ostermann, Pieke, Pompe, Schimke, Stelzig, Storch, Wihan, Woite und Zenker.
Die ersten Vertreibungen der deutschen Bevölkerung erfolgten Ende Juni 1945 und betrafen rund 500 Einwohner, welche zu Fuß über Herrnskretschen ihre Heimat verlassen mussten. Es folgten drei große Aussiedlungstransporte, von denen der letzte Mitte August 1946 die Stadt verließ.
1961 gehörten zur tschechischen politischen Gemeinde Verneřice (= Wernstadt) auch die früher selbständigen Gemeinden Loučky (= Schönau), Příbram (= Biebersdorf), Rychnov (= Reichen) und Rytířov (= Rittersdorf). Am 28.08.2006 wurden in der gesamten Stadtgemeinde 1.088 Personen gezählt, am 01.01.2018 waren es 1.142.