ULLRICHSTHAL


Die Gemeinde Ullrichsthal im Gerichtsbezirk Böhmisch Kamnitz bestand ausschließlich aus der Ortschaft Ullrichsthal. Die Gesamtfläche der Gemeinde betrug 212 ha. Das Hochtal des Absbaches, in dem Ullrichsthal und die Nachbargemeinde Meistersdorf liegen, wird im Westen von den Meistersdorfer Höhen, im Norden vom Forstberg (591 m), im Nordosten vom Sustrich (576 m), im Südosten vom Tschachenberg (603 m) und im Süden vom Kahle Berg (478 m) eingegrenzt. Die Gemeindefläche war zu 25 % bewaldet und wurde bis 1945 zu 70 % landwirtschaftlich genutzt. Seit seiner Gründung hatte Ullrichsthal einen gemischtwirtschaftlichen Charakter, denn neben den landwirtschaftlichen Ansiedlern auf den Feldern des ehemaligen Meierhofes von Meistersdorf ließen sich auch zahlreiche Häusler nieder, die Glasveredelung betrieben. 1939 gehörten nur mehr 17 % der Bevölkerung dem Bereich Land- und Forstwirtschaft an. Der Anteil von Industrie und Handwerk betrug dagegen 60 % und in Handel und Verkehr waren 11 % der Erwerbstätigen beschäftigt. Die Arbeitnehmer hatten ihre Arbeitsplätze zum Teil im Ort, zum Teil in Steinschönau und in Tetschen-Bodenbach, Böhmisch Leipa und Böhmisch Kamnitz. Die glasveredelnden Berufe (insbesondere Glaskugler und Glasmaler) überwogen.  

Obwohl Ullrichsthal auf Flächen entstand, die bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts ein Teil von Meistersdorf waren, wurde der Ort nicht nach Wolfersdorf (wohin Meistersdorf kirchlich gehörte), sondern nach dem näher gelegenen Steinschönau eingepfarrt. Die dort geführten Matriken sind seit der Ortsgründung 1764 vollständig erhalten. Anzunehmen ist, dass Ullrichsthal ein eigenes Ortsgericht hatte, denn 1765 erhielt der Ort ein eigenes Grundbuch. 1849 wurde Ullrichsthal der politischen Gemeinde Meistersdorf zugeteilt, jedoch um 1878/1880 zur selbständigen politischen Gemeinde erhoben. Schon 1854 wurde die amtliche Schreibweise mit Doppel-„l” eingeführt.  

Vom 14. bis ins 16. Jahrhundert gehörte das Gebiet des späteren Ortes Ullrichsthal als Bauernland zur Ortschaft Meistersdorf und wurde nach Aufkauf mehrerer Bauerngüter durch die Herrschaft ab 1586 vom Meierhof Meistersdorf bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts landwirtschaftlich genutzt. Die eigenständige Geschichte von Ullrichsthal beginnt 1751, als der Besitzer des Gutes Meistersdorf, Freiherr Peter Christoph von Wallbrunn, seinen Sohn auf den Namen Ullrich taufen ließ. Zu Ehren des als Taufpate fungierenden Fürsten Ullrich von Kinsky, der Herrschaftsbesitzer von Böhmisch Kamnitz, begründete Freiherr von Wallbrunn eine kleine Ortschaft, der er den Namen Ullrichsthal gab. Die Baustellen für die Ansiedler in dem neuen Ort wurden von dem zum Meierhof Meistersdorf gehörenden Feldern abgetrennt. Der weitere Ausbau setzte bald nach 1764 ein, als das Gut Meistersdorf von der Besitzerfamilie Wallbrunn an die Herrschaft Böhmisch Kamnitz (Fürsten Kinsky) verkauft wurde, welche die Felder allmählich an Neusiedler verteilte, zunächst in Pacht und dann in Eigentum. Ein beträchtlicher Teil der Felder muss lange Zeit brach gelegen haben, denn im örtlichen Sprachgebrauch wurde der neuen Ortschaft die bis 1945 erhaltene Bezeichnung „Brache” gegeben. 1787 hatte Ullrichsthal 75 Nummern und 1833 schon 89 Häuser mit 613 Einwohnern. Nach den Volkszählungen von 1869 und 1890 hatte Ullrichsthal 731 bzw. 825 deutsche Einwohner. Die häufigsten Familiennamen waren 1934 Oppitz, Arlt, Heller, Hoffmann, Marschner, Märtin, Wagner, Friedrich, Gürtler, Hegenbarth, Horn, Richter und Ritschel.  

Die heutige tschechische Ortschaft Nový  Oldřichov (= Ullrichsthal) bildet zusammen mit der Ortschaft Mistrovice (= Meistersdorf) die politische Gemeinde Nový  Oldřichov. 1961 hatte das heute zum okres Česka Lipa (= Kreis Böhmisch Leipa) gehörende Nový Oldřichov 443 Bewohner, 2007 sind es 670 Einwohner.

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