Die Stadt Steinschönau im Gerichtsbezirk Böhmisch Kamnitz bestand aus den Ortsteilen Obersteinschönau (mit den örtlichen Untergliederungen Marktgebiet, Kirchengebiet, Lerchendörfel, Teichstatt oder „Suse” und New York I, II und III) sowie Niedersteinschönau (mit den Untergliederungen Sandberg I und II und Neue Welt). Die Gesamtfläche der Gemeinde betrug 814 ha. Das Gemeindegebiet ist fast durchwegs gebirgig. Steinschönau ist durch die umgebenden Gipfel hufeisenförmig eingerahmt und nur nach Norden zu öffnet sich das Tal, wo sich das Böhmische Mittelgebirge und das Elbsandsteingebirge berühren. Der im Gemeindegebiet befindliche Herrnhausfelsen ist eine geologische Besonderheit und setzt sich aus unzähligen regelmäßig geformten vier- bis sechseckigen und 10 bis 15 m hohen Basaltsäulen zusammen. Dem Namen „Herrnhaus” liegt die in der Volkssprache entstandene Bezeichnung „Gehörn” zugrunde, die im Tetschner Gebiet für schroffe Felsbildungen steht. Der Felsen steht unter Naturschutz. Das gesamte Gebiet der Gemeinde wurde zu 75 % von landwirtschaftlichen Flächen eingenommen, etwa 17 % entfielen auf Wald, der Rest auf besiedeltes Gebiet. Obwohl Steinschönau ursprünglich ein reines Bauerndorf war, herrschten schon seit dem 19. Jahrhundert gewerbliche Tätigkeiten vor. 1939 lebten fast 65 % der Bevölkerung von industriellen und handwerklichen Berufen. Handel und Verkehr nahmen 11 % ein. Auf die Landwirtschaft entfielen nur 4 %. Besonders dominierend war die Glasindustrie mit knapp 3.000 Beschäftigten. Steinschönau beherbergte auch eine berühmte Glasfachschule, die 1882 staatlich wurde und die nicht nur den fachlichen Nachwuchs heran bildete, sondern auch richtungsweisend für die künstlerische Entwicklung vor allem in der Hohlglasveredelung war. Über Jahrzehnte hindurch beteiligte sich die Schule an den Weltausstellungen und errang zahlreiche Auszeichnungen.
Kirchliche Verhältnisse
Die Pfarrei Steinschönau mit der 1718 anstelle einer Holzkirche erbauten Pfarrkirche Hl. Johannes der Täufer ist allem Anschein nach gleichzeitig mit der Ortschaft im 13. Jahrhundert entstanden. Urkundlich erscheint die Pfarrei erstmals 1362 als „Schenow”. 1369 wurde in den Papstzehentregistern „Sonow Pauper” (= „armes Schönau”) geschrieben, weil es keinen Zehent zu leisten hatte. 1564 wurde die Ober-Preschkauer Pfarrei als Filiale unterstellt. Seit Ende des 16. Jahrhunderts war die Steinschönauer Pfarrei stärker an Böhmisch Kamnitz gebunden und wurde von 1630 an von der Stadtpfarrei St. Jakob in Böhmisch Kamnitz administriert. Erst 1723 erfolgte die erneute Selbständigkeit. Von da ab gehörten zum Kirchspiel die Orte Parchen und Schelten und (ab 1751) auch die neu gegründete Ortschaft Ullrichsthal. Parchen und Schelten wurden 1802 mit Einrichtung der selbständigen Pfarrei in Parchen abgetrennt. Sämtliche Kirchenbücher der Pfarrei Steinschönau beginnen mit dem Jahre 1715. Ältere Eintragungen dürften bis 1630 in den Matriken der Pfarrei Böhmisch Kamnitz zu finden sein.
Die evangelische Gemeinde Steinschönau besaß keine eigene Kirche, sondern eine Betstube im Haus des Glasgeschäftes Theodor Walter. Die altkatholische Gemeinde in Steinschönau war eine Filialgemeinde der altkatholischen Pfarrei in Arnsdorf bei Haida.
Stadtentwicklung
Steinschönau ist aus dem Bauerndorf Schönau hervorgegangen, das wahrscheinlich im 13. Jahrhundert im Zuge des deutschen Landesausbaues als zweireihiges Waldhufendorf gegründet wurde. Das Dorf Schönau besaß wahrscheinlich seit seiner Gründung ein Erbgericht, das später 12 Schöppen hatte. Die Namensform Steinschönau ist erst seit dem Ende des 16. Jahrhunderts nachweisbar (1592 „Steinicht Schöna”) und diente zur Unterscheidung des Ortes von anderen gleichnamigen Orten. Der Namensbestandteil „Stein” nimmt offenbar Bezug auf das steinige Gelände der Gegend. Das Gebiet von Steinschönau kam 1283 zur damals gebildeten Herrschaft Scharfenstein der Herren von Michelsberg, welche zwischen 1405 bis 1408 an die Familie von Berka, dann weiter an die Herren von Wartenberg, 1511 an Nikolaus Trcka von Lipa und 1515 an die Familie von Salhausen überging. Seit 1535 gehörte Steinschönau zu der in diesem Jahr selbständig gewordenen Herrschaft Böhmisch Kamnitz, die zunächst den Wartenbergern und ab 1614 der Familie von Kinsky gehörte, bis 1850 der größte Teil der Herrschaft Kamnitz durch die Einrichtung der modernen Gemeindeverwaltung dem Gerichtsbezirk Böhmisch Kamnitz zugeteilt wurde. 1849 wurde Steinschönau zur Marktgemeinde und ab dem 1. August 1900 zur Stadt erhoben.
Stadtwappen
Seit 1849 hatte Steinschönau das Recht, ein Wappen zu führen. Anfangs wurde dazu ein gekrönter, zweischwänziger Löwe auf den Gemeindestempeln verwendet. Ab 1900 wurde auf den Stempeln eine nach links gedrehte geflügelte Justizia mit Schwert und Waage in den Händen dargestellt. Um 1935 wurde ein neues Stadtwappen eingeführt, das auf grünem Feld einen über drei schwarze Berggipfel nach rechts schreitenden, doppelschwänzigen goldenen gekrönten Löwen beinhaltet, der in seinen Pranken einen silbernen Pokal hält.
Familiennamen im 16. und 17. Jahrhundert
1538 soll der Familienname Seiler (vielleicht auch Zöllner) vorgekommen sein. Im 1575 beginnenden Schöppenbuch sind die folgenden Familiennamen enthalten: 1575 Hauer (als Pastor), Kreibich (angeblich um 1500 zugewandert), Palme, Papert, Scheithauer (als Lehrer), Vetter, Weidlich und Wetzig; 1578 Helzel, Weigel und Zinke; 1580 Hickisch, Horn, Piller, Steiner und Zahn; 1594 Fritsche und Knechtel; 1612 Haintschel (als Pastor). In der Steuerrolle des Jahres 1654 trugen die 30 Bauern Steinschönaus die Namen Vetter, Helzel, Knechtel, Weidlich, Weigel, Wetzig, Fiedler, Horn, Kittel, Palme, Terme, Ullmann und Zöllner. Dazu kamen zwei Gärtner namens Kreibich. Außerdem gab es 64 Häusler und 54 Familien ohne Haus- und Grundbesitz mit den Namen (sofern noch nicht bei den vorherigen aufgelistet) Dörnich, Füller, Hainisch, Heinze, Heide, Heintschel, Jäckel, Jahnel, Lorenz, Pietsch, Pilz, Schmied, Schuster, Stelzig, Thomas, Ullrich, Wagner, Zahn und Zinke.
1713 standen 106 Häuser. Wegen des Aufschwungs durch die Entwicklung der Glasverarbeitung und des Glashandels waren gegen 1750 und 1770 bereits 120 bzw. 190 Häuser vorhanden. 1787 wurden 222 Nummern verzeichnet und 1833 hatte „Steinschönau am Schönauer Bache” 336 Häuser mit 2.228 Bewohnern. 1868 wurde der Ort von einem schweren Brandunglück heimgesucht, das 48 Gebäude in Asche legte und 84 Familien obdachlos machte. 1880 hatte die Gemeinde 4.410 Einwohner in 543 Häusern. Durch die Zuwanderung von tschechischen Glashüttenarbeitern lebten 1930 schon 5.340 Menschen in der Stadt.
Die häufigsten Familiennamen waren 1934 Palme (35 mal), Helzel (26 mal), Kreibich (24 mal), Richter, Walter, Knechtel, Pietsch, Eiselt, Zahn, Günther, Müller, Fiedler, Johne, Kraus(e), Vogel, Rößler, Rückel, Bretschneider, Neumann, Vetter, Heller, Kromer, Löhnert, Piesche, Wenzel, Heinrich, Hoffmann, Kaspar, Mieke, Schmidt, Ullmann, Jech, Indra (Jindra), Knöchel, Proft, Seidel, Sommer, Terme, Vater, Hackel, Handik, Horn, Jahnel, Kittel, Schäfer, Scholze, Weber, Zimmermann, Bräuer, Christof, Eschler, Kardaus, Klinger, Knappe, Nedwed, Pleschinger, Pohl, Schiller, Schimmel, Schön, Tscherpel, Wagner, Werner, Zinke, Ahne, Böhm, Dittrich, Frritsch(e), Görner, Kelbel, Klimt, Michel, Nittel, Pfützner, Reichelt, Ritschel, Schneider, Strohbach, Tischer, Weidlich, Wendler und Wolfig. Wegen des häufig vorkommenden Familiennamens Palme wurden in Steinschönau (und auch im benachbarten Parchen) die Namen durch Anhängen eines charakterisierenden Wortes unterschieden wie Palme Meisel, Palme Hütl, Palme Tausch, Palme Tausch Ober bzw. Nieder, Palme Häusl, Palme Tausch Häusl, Palme Simpl, Pallme König usw. Diese Kombinationen sind seit dem 16. Jahrhundert belegt und erhielten sich bis 1945.
Die Vertreibung der deutschen Bevölkerung durch die Tschechen ging in sechs Schüben vom Juni 1945 bis September 1946 vor sich. Viele deutsche Glasfachkräfte wurden jedoch als Arbeitskräfte zurückgehalten. In der Bundesrepublik erfolgte eine Konzentration der Steinschönauer vornehmlich im Raum Euskirchen-Rheinbach bei Bonn und in Groß-Umstadt (bei Frankfurt/Main) sowie in Hadamar/Hessen. In Rheinbach und Hadamar wurden später auch Glasfachschulen gegründet.
1961 hatte das tschechische Kamenický Šenov (= Steinschönau) 650 bewohnte Häuser mit 3.364 Einwohnern, 2007 sind es rund 4.050 Bewohner. Die Stadt gehört heute zum okres Česka Lípa (= Kreis Böhmisch Leipa).