OBERKAMNITZ


Die Gemeinde Oberkamnitz im Gerichtsbezirk Böhmisch Kamnitz bestand aus der Ortschaft Oberkamnitz und dem Ortsteil Fabeldörfel. Von 1849 bis kurz vor 1900 hatte auch die Ortschaft Füllerdorfel dazugehört, die dann zur Gemeinde Nieder-Preschkau umgegliedert wurde. Die Gesamtfläche der Gemeinde betrug 538 ha. Das Gemeindegebiet ist überwiegend bergig und wird vom Kamnitzbach in zwei Teile gegliedert. Der nördlich des Baches gelegene kleinere und steilere Teil erreicht eine Meereshöhe von 457 m und wird von Wald dominiert, der von Sandsteinfelsen durchsetzt ist. Im südlichen, größeren Gemeindeteil steigen die Hänge allmählicher an und hier erstrecken sich die Wirtschaftsstreifen der Bauernhöfe. Überragt wird dieses Gelände von dem 544 m hohen Kamnitzer Schlossberg. Die Gesamtfläche der Gemeinde wurde bis 1945 zu 50 % landwirtschaftlich genutzt und war zu 40 % bewaldet. Das Dorf gehörte zu den stark industrialisierten Gemeinden des Kreises Tetschen, denn 65 % der Bevölkerung lebte 1939 von industriellen und handwerklichen Berufen. Knapp 7 % gehörten dem Wirtschaftsbereich Land- und Forstwirtschaft an und 10 % waren im Bereich Handel und Verkehr beschäftigt.

Das Gebiet der Gemeinde Oberkamnitz gehörte stets zur Stadtpfarrei St. Jakob in Böhmisch Kamnitz. Die Matriken sind seit 1630 erhalten – mit Lücken zwischen 1714 und 1735. Nördlich von Oberkamnitz wurde in stiller Waldeinsamkeit die Andachtsstätte „Brüderaltar” errichtet, der in der Reformationszeit den katholisch Gebliebenen zu heimlichen Zusammenkünften und Andachten gedient hatte. Seit seiner Gründung gehörte der Ort zum Erbgericht und später zum Stadtgericht von Böhmisch Kamnitz. Wahrscheinlich bezieht sich die Eintragung im Kamnitzer Stadtbuch aus dem Jahre 1393 „oben in dem Dorfe” auf Oberkamnitz als älteste Nennung. Von 1648 bis 1849 hatte Oberkamnitz zum Dorfgericht in Niederkamnitz gehört. 1849 wurde der Ort einschließlich dem neuen Ortsteil Fabeldörfel und der Ortschaft Füllerdörfel eine eigene selbständige Gemeinde. Füllerdörfel hatte zuvor zu Nieder-Preschkau gehört und wurde 1899 wieder von Oberkamnitz getrennt und der Gemeinde Nieder-Preschkau erneut zugewiesen. 1943 wurde Oberkamnitz (zusammen mit Niederkamnitz) in die Stadt Böhmisch Kamnitz eingegliedert.  

Oberkamnitz
Der Kamnitzer Schlossberg mit der Ruine der mittelalterlichen Burg Kempnitz befindet sich im Gemeindegebiet von Oberkamnitz (Beschreibung bei Böhmisch Kamnitz). Oberkamnitz dürfte als östlicher Teil des großflächigen Dorfes Kamnitz in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts als deutsches zweireihiges Waldhufendorf entlang des Kamnitzbaches entstanden sein. Als um 1260 der mittlere Teil der Gesamtsiedlung zur Stadt erhoben wurde, blieb Oberkamnitz außerhalb der Stadt und entwickelte sich zu einer selbständigen Ortschaft. Der Ortsname „Kamnitz” wurde von dem Gewässernamen des Kamnitzbaches übernommen und bedeutet soviel wie „Steinbach” (aus dem slawischen „kamen” = Stein). 1416 lautet ein Hinweis auf den Ort „in dem obersteyn Dorffe zu Kemnitz”; die Hoflehentafel benennt 1457 „kempnicz superior” (= das obere Kamnitz). 1654 standen 17 Häuser. Die Namen der 13 Bauern (neben vier Häuslern) lauteten Hiekisch, Knechtel, Hille, Krauß, Kreibich, Limpächer, Röhnert, Terme, Vatter und Wenzel. 1713 hatte Oberkamnitz 36 Häuser. Die Bauernfamilien hießen Knechel, Limpächer, Beitlich, Krauße, Wenzel und Böhme. 1787 gab es 79, 1833 113 Häuser mit 720 Einwohner.  

Füllerdörfel
Seit dem Jahr 1832 entstand auf den Gründen des ehemaligen Füllergutes in Oberkamnitz die neue Ortschaft Füllerdörfel, die 1849 in die politische Gemeinde Oberkamnitz einbezogen, aber um die Wende zum 20. Jahrhundert nach Nieder-Preschkau umgemeindet wurde. Füllerdörfel hatte 1869 17 Häuser und 139 Einwohner. 1890 standen 20 Häuser, in denen 173 Einwohnern lebten.  

Fabeldörfel
Vermutlich entstand dieser Ortsteil ab 1840. Namengebend war offenbar der Fabelsberg (vielleicht Fabiansberg) südlich von Oberkamnitz, in dessen Nähe die neue Ansiedlung entstand. Ein Teil von ihr steht in der Steinschönauer Gemarkung, weshalb Steinschönau auch einen Ortsteil Fabeldörfel hatte, der im örtlichen Sprachgebrauch „Neue Welt” genannt wurde. 1890 hatte das Oberkamnitzer Fabeldörfel zwölf Häuser mit 88 Einwohnern, 1910 13 Häuser mit 113 Einwohnern.  

Die Einwohnerzahl von Oberkamnitz entwickelte sich infolge der Industrialisierung im Ort selbst und im benachbarten Böhmisch Kamnitz seit der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Ersten Weltkrieg stetig aufwärts. 1869 lebten 738, 1890 schon 849 und 1910 dann 1.197 Einwohner in der Gemeinde (ohne Füllerdörfel und einschließlich Fabeldörfel). Die häufigsten Familiennamen in Oberkamnitz waren 1934 Ritschel, Wenzel, Eschler, Kunig, Weber, Bauer, Beitlich, Fiedler, Finke, Girschik, Gürtler, Knothe, Kny, Krause, Kreibich, Langer, Milan, Richter, Schiffner, Scholze, Seidel, Stanka, Ullrich, Winkler und Wolf.  

Das heutige Horní Kamenice (= Oberkamnitz) gehört seit 1943 zur Stadt Česka Kamenice (= Böhmisch Kamnitz). 1961 hatte Horní Kamenice als Ortsteil 794 Einwohner.

[zurück zum Ortsverzeichnis]