NIEDER-EBERSDORF


Die Gemeinde Nieder-Ebersdorf im Gerichtsbezirk Bensen bestand ausschließlich aus der Ortschaft Nieder-Ebersdorf. Die Gesamtfläche betrug 557 ha bzw. nach Abtretung eines Waldgebietes nahe der Gemeindegrenze an Parlosa 427 ha. Das Gemeindegebiet ist leicht bergig und wird vom Absbach in eine nordwestliche und eine südöstliche Hälfte geteilt. Vom Talgrund, in welchem die Ortschaft liegt, steigt das Gelände rechts des Baches zu den Abhängen des Amselberges und des Doberner Berges bis über 400 m an, links des Baches nahe bei den Gipfeln des Bockenberges und des Fuchsberges bis gegen 400 m. Auf beiden Talseiten zogen sich die landwirtschaftlich genutzten Flurstreifen weit hinauf auf die Höhen. Der gute Löß- und Lehmboden wurde nur auf den Gipfeln von Basalt durchbrochen. 1939 lebten knapp 20 % der Bevölkerung von Land- und Forstwirtschaft, 42 % aber von Industrie und Handwerk sowie 18 % von Handel und Verkehr.  

Nieder-Ebersdorf gehörte von seiner Gründung an stets zur Stadtpfarrei Mariä Geburt in Bensen. Die Matriken sind wie alle Bensner Kirchenbücher seit 1581 vollständig erhalten. Mit der Stadtpfarrei von Bensen war Nieder-Ebersdorf von 1523 bis 1628 und von 1639 bis 1648 lutherisch. Die Kapelle im Ort, ein Steinbau mit schlankem Zwiebelturm aus Holz, war vermutlich der Hl. Rosa von Lima geweiht, da an deren Namenfest am 30. August der Gelöbnistag abgehalten wurde. Ungeklärt ist, ob Nieder-Ebersdorf in den ersten Jahrhunderten seines Bestehens ein eigenes Erbgericht hatte oder ob es zum Erbgericht in Ober-Ebersdorf gehörte. Nach dem Dreißigjährigen Krieg besaß der Ort einen Dorfrichter, vielleicht sogar (wegen zweier Herrschaftszugehörigkeiten) zwei Ortsgerichte mit jeweils einem eigenen Richter.  

Nieder-Ebersdorf ist in der Frühzeit der deutschen Rodung im Tetschner Raum um 1230 als zweireihiges Waldhufendorf gegründet worden und war offenbar eines der ersten Dörfer, welche die Versorgung der ebenfalls zu dieser Zeit entstandenen Stadt Bensen sicherzustellen hatten. Nicht geklärt ist, ob Nieder- und Ober-Ebersdorf aus einer Siedlungseinheit hervorgegangen sind. Der Ortsname entstand zweifellos aus dem Personennamen „Eberhard”. Den frühesten urkundlichen Nachweis des Dorfes bietet eine Urkunde von 1281, die den Grundherrn „Jesseko de Michelsberg in villa Euerhardesdorf” erwähnt. 1380 und 1466 wird es im Kamnitzer Stadtbuch „Ebirstorff” genannt. Der älteste nachgewiesene Personenname ist im Jahre 1380 „Erich der Richter” und der älteste Familienname 1466 „Swarcz” (allerdings ist nicht unterscheidbar, ob diese in Nieder- oder Ober-Ebersdorf vorkamen). Eindeutig lokalisierbar sind für 1528 die Namen Dörfel, Fiebiger, Lorenz und Renner, sowie für 1558 Lösel, Riedel und Wagner, für 1570 Gorge und Heide, für 1584 Mattel und für 1616 Hauptmann. 1654 standen 48 Häuser im Ort. Die Namen der in der Steuerrolle von 1654 aufgelisteten Bauern lauteten Weber, Hauptmann, Wenzel, Fiebiger, Lösel und Lorenz; die Gärtner hießen Böhm, Knechtel und Thorne (?). Sechs der Bauern waren von alters her „Geschossbauern”, d.h. sie mussten mit ihrem Zugvieh den Bedarf der Bensener Bürger an Transportleistungen decken.  

1713 war Nieder-Ebersdorf auf 51 Häuser angewachsen und die Bauern hießen Wenzel, Weber, Hauptmann, Hegenbart, Schieffner und Storch. 1787 ist das Dorf mit 86 Hausnummern verzeichnet, wovon neben dem zur Herrschaft Scharfenstein gehörenden Teil auch eine Reihe von Häusern zur Herrschaft nach Binsdorf gehörte. 1833 zählten zu Nieder-Ebersdorf 67 Häuser (mit den zu Binsdorf zählenden 110) und 347 (mit den Binsdorf zugehörigen 570) Einwohner. Etwa um 1800 herum entstand der Ortsteil „Weberdörfel”. 1869 hatte Nieder-Ebersdorf 726 und 1890 863 Einwohner. Den Bevölkerungshöchststand hatte die Gemeinde im Jahre 1910 mit 1.027 durchwegs deutschen Bewohnern erreicht. Der Grund des starken Anstiegs lag in der industriellen Entwicklung in Bensen und im nahen Franzenthal. Die häufigsten Familiennamen in Nieder-Ebersdorf waren 1934 Böhm, Schiffner bzw. Schiefner, Wenzel, Fürtig, Richter, Neumann, Schellman, Seidel, Hauptmann, Hegenbart, Hoche, Michel, Riedel, Starch bzw. Storch oder Störch, Schübler, Fiedler, Pompe, Ritschel, Altnickel, Bendel, Brosche bzw. Prosche, Dörre, Kaiser, Kannel, Klügel, Philipp, Wagner, Heller, John, Knechtel, Kriesche, Lorenz, Möser, Rösler, Theißig, Thöner, Weigel und Weiner.  

Kranachshof
1528 kaufte Hans Knobloch von Warnsdorf den Grundherren von Salhausen vier Bauern mit deren Gütern ab, die 1629 nach mehrmaligen Besitzwechseln an Friedrich von Kranach und von ihm weiter an viele nachfolgende Besitzer gelangten. Der kleine Rittersitz wurde Kranachshof genannt.  

Kranachsdorf
Kranachsdorf wurde 1785 gegründet, als die Meierhoffelder des „Kranachshofes”, der zur Herrschaft Clary in Binsdorf gehörte, parzelliert und verkauft wurden. Es entstanden fünf Ortsteile, deren Benennungen bis 1945 gebräuchlich waren: (1) „Im Hofe”, wo die Ansiedler Böhm, Dörre, Klügel, Kunert, Prosche und Weber je acht Strich Wirtschaftsfläche für die Hausnummern 1 bis 6 erhielten. Dann (2) „Breite Wiese” mit den Nummern 7 bis 23; hier siedelten je zwei Störch und Weigel, ferner Bittner, Dörre, Ems, Fürtig, Hame, John, Klügel, Lieht, Rosch und Weber an. (3) „Scheibe” mit den Nummern 25 bis 36 (außer 30), wo sich Klügel, Böhm, Fiedler, Frießlich, Püsche, Schneider und Störch ansiedelten. (4) „Teichwiese” umfasste die Häuser 30, 45 bis 47 und 49 und war an die Familien Dörre, Prosche, Weber und Wenzel vergeben. (5) „Hofwiese” erhielt die Nummern 37 bis 43 (ohne 39 und 41), u.a. wurden dort die Familien Eiselt, Ringel und Weber ansässig. 1833 hatte Kranachsdorf 44 Häuser und 201 Einwohner. Bis 1880 entstanden zwei weitere Wohngebäude. 1869 hatte der Ort 231 Einwohner, 1890 249 Bewohner und 1910 262 durchwegs deutsche Einwohner. Durch die vollständige Eingliederung in die Ortschaft Nieder-Ebersdorf im Jahre 1912 enden die gesonderten Aufzeichnungen mit diesem Jahr.  

Strohhof
Der 1496 entstandene Rittersitz „Strohhof” rechts vom Absbach hatte einen zugehörigen Meierhof, der die Wirtschaftsfläche von drei aufgelassenen Bauernhöfen umfasste. Der Meierhof entstand 1682 durch die von Graf Johann Clary-Aldringen aus dem Rittersitz veranlasste Umgestaltung. Die Gebäude des Meierhofes wurden aber 1805 großteils abgebrochen.  

Die heutige tschechische Gemeinde Dolní Habartice (= Nieder-Ebersdorf) hat den gleichen Gebietsumfang wie die deutsche Gemeinde bis 1945. 1961 lebten 690 Einwohner dort. Bei der Volkszählung am 28.08.2006 wurden 542 Menschen in der Gemeinde erfasst, am 01.01.2018 waren es 583.

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