MEISTERSDORF


Die Gemeinde Meistersdorf im Gerichtsbezirk Böhmisch Kamnitz bestand ausschließlich aus der Ortschaft Meistersdorf. Die Gesamtfläche der Gemeinde betrug bis 1945 172 ha. Das Hochtal des Absbaches, in dem Meistersdorf und das benachbarte Ullrichsthal liegen, wird von mehreren Bergen eingegrenzt. Die Gemeindefläche war größtenteils unbewaldet und wurde trotz der Hochlage in 380 m bis 500 m Meereshöhe landwirtschaftlich genutzt. Auch Obstbau wurde betrieben. Der Anteil der Bevölkerung, welcher von Land- und Forstwirtschaft lebte, war mit knapp 6 % sehr gering, denn Meistersdorf, das ursprünglich ein reines Bauerndorf war, bekam schon seit dem 18. Jahrhundert einen gewerblichen Charakter. Der Anteil der zu Industrie und Handwerk gehörenden Bevölkerung war dafür mit fast 65 % sehr hoch. Der Großteil der Arbeiter fand in der am Ort ansässigen glasveredelnden Industrie oder in der Glasindustrie von Parchen, Ullrichsthal und Steinschönau Beschäftigung. Dem Wirtschaftsbereich Handel und Verkehr gehörten bis 1945 rund 12 % der Einwohner von Meistersdorf an.

Meistersdorf ist seit seiner Gründung stets nach dem benachbarten Wolfersdorf im Kreis Böhmisch Leipa eingepfarrt gewesen. Die Pfarrei St. Peter und Paul in Nieder-Wolfersdorf wurde bereits 1352 genannt. Die Matriken für Meistersdorf beginnen wie sämtliche Kirchenbücher von Wolfersdorf mit dem Jahre 1747. Seit 1844 besaß Meistersdorf eine Filialkirche Hl. Kreuz. Ursprünglich bestand im Ort ein Erbgericht. Im Kamnitzer Stadtbuch ist für 1412 ein Richter Jocoff Scherzfelt erwähnt. Später bestand ein Ortsgericht. 1849 wurden die Ortschaften Meistersdorf und Ullrichsthal zur politischen Gemeinde Meistersdorf zusammengeschlossenm, aber schon zwischen 1870 und 1880 erfolgte die Lostrennung und Verselbständigung von Ullrichsthal als eigenständige Gemeinde. In den letzten Jahren des Zweiten Weltkriegs erfolgte neuerlich eine Zusammenlegung der beiden Orte zu wiederum nur einer politischen Gemeinde.  

Meistersdorf ist vermutlich ein deutsches Rodungsdorf mit einer zweireihigen Waldhufenanlage, das im 14. Jahrhundert entstand. Da zu dieser (späten) Zeit besser geeignete Standorte für neue Siedlungen nicht mehr vorhanden waren, erfolgten Gründungen auf kargen Böden und in rauherer Gebirgslage. Der Ortsname dürfte von dem Personennamen Meister übernommen worden sein. Die früheste bekannte urkundliche Nennung des Ortes bietet das Kamnitzer Stadtbuch, in dem 1412 der Richter von „Meystersdorff” erwähnt wird. Die ältesten Familiennamen sind für 1412 Scherzfelt, Hoffmann und Melan. Einen vollständigen Überblick über den Namensbestand gibt das 1560 beginnende Schöffenbuch, in dem die Namen Hackel, Fritsch, Gürtler, Hauptmann, Hegenbarth, Hocke, Jäckel, Knechtel, Kreibich, Märtin, Möller, Orges, Wolf, Zinke, Dömel, Hauptmannel, Hickisch, Mitscherling, Schäfer und Tölle (Tille ?) vorkommen. 1550 gab es 30 Häuser im Ort, in denen 15 Bauern und 15 Gärtner lebten. Gemäß der Steuerrolle von 1654 hatte Meistersdorf 39 Häuser. Die Namen der Bauern lauteten Fritsche, Gürtler, Hegenbarth, Märtin, Pumpe (Pompe) und Weigl. 1713 standen 94 Häuser im Ort und auch 1787 gab es 94 Häuser. Für das Jahr 1820 ist eine Glashütte bezeugt. 1833 wurden 117 Häuser und 854 Einwohner gezählt. Zu dieser Zeit waren auch viele Glasarbeiter und Glashändler ansässig. 1841 bestanden in Meistersdorf 13 Glasraffinerien. 1848 lebten schon 1.125 Menschen in Meistersdorf, 1869 waren es bereits 1.281 Einwohner und 1890 erreichte der Ort mit 1.387 durchwegs deutschen Bewohnern seinen Höchststand. Nach 1918 kam es zu einer Zuwanderung einer tschechischen Minderheit, die 1930 etwa 7 % der Einwohnerschaft betrug. Die häufigsten Familiennamen waren 1934 Heller, Hegenbarth, Schlegel, Fritsch, Gürtler, Hocke, Fiedler, Hackel, Mahnel, Werner, Erbe, Hauptmann, Märtin, Palme, Zekert, Griesbach, Marschner, Pazelt, Rölich, Wendler, Arlt, Grohmann, Kindermann, Kunte, Langer, Pietsch, Renelt, Sloupy und Suske.  

Schlösschen und Meierhof Meistersdorf
Etwa 1598 entstand unter Siegmund von Weißenbach ein kleines Schloss im Ort, das 1833 durch einen Sturm schwer beschädigt wurde und 1907 abbrannte. Vermutlich zeitgleich mit dem Schlössel wurde ein Meierhof durch Aufkauf von mehreren Bauerngütern errichtet. Der erste Aufkauf war das Gut des Erbrichters Simon Knechtel im Jahre 1585. Im Jahre 1600 bzw. 1602 gelangten die Güter Kreibich, Fritsche, Gürtler und Martin, 1611 das Gut Jäckel und um 1632 die Güter Dömel, Hauptmann und Anton Knechtel an die Herrschaft, die dort auch ein kleines Brauhaus betrieb. 1764 wurde Meistersdorf in die Herrschaft Böhmisch Kamnitz eingegliedert und der Meierhof und das Brauhaus aufgegeben. Das Schlössel und die Gebäude des Meierhofes wurden verkauft und die Meierhoffelder größtenteils verpachtet und zur Ansiedlung von Häuslern freigegeben, wodurch ab 1764 die Ortschaft Ullrichsthal entstand.  

Heute bilden die tschechischen Ortschaften Mistrovice (= Meistersdorf) und Nový Oldřichov (= Ullrichsthal) die politische Gemeinde Nový Oldřichov. Die Ortschaft Mistrovice hatte 1961 463 Einwohner. Heute gehören Mistrovice und Nový Oldřichov zum okres Česka Lipa (= Kreis Böhmisch Leipa).

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