GÜNTERSDORF
Die Gemeinde Güntersdorf im Gerichtsbezirk Bensen bestand aus den Ortschaften Güntersdorf, Franzberg und Poppendörfel. Das Gemeindegebiet nimmt den nördlichen Teil der basaltischen Hochdobern-Güntersdorfer Hochfläche ein, die nördlich des Ortes Franzberg von Süden nach Norden zu geneigt ist von etwa 450 m bis 300 m abfällt. Vom Scheitelpunkt der Losdorf-Güntersdorfer Straße, der sog. „Güntersdorfer Höhe” (427 m) bietet sich eine prachtvolle Aussicht gegen Norden und Osten. Die Gesamtfläche der Gemeinde betrug 726 ha und war zu 64 % bewaldet; 32 % wurden bis 1945 landwirtschaftlich genutzt. Güntersdorf, Franzberg und Poppendörfel waren bis 1945 im wesentlichen bäuerliche Dörfer geblieben, da es keine Industrieansiedlungen gab. Von der Gesamtbevölkerung arbeiteten auch über 31 % im Wirtschaftsbereich Land- und Forstwirtschaft. In Industrie und Handwerk waren 38 % beschäftigt; die Arbeiter aus Güntersdorf hatten ihre Arbeitsplätze meistens in Tetschen, Bensen und Böhmisch Kamnitz. Im Wirtschaftsbereich Handel und Verkehr waren 12 % der Einwohner tätig.
Güntersdorf gehört zu den in der Blütezeit des deutschen Landausbaus im 13. Jahrhundert errichteten Pfarreien. Zum Pfarrsprengel gehörten neben Güntersdorf selbst auch Hochdobern, Parlosa sowie Alt- und Neu-Ohlisch. Von 1486 bis 1786 war Hochdobern ausgegliedert und an die Pfarrei Mariä Geburt in Bensen angeschlossen. Ab 1628 wurde die Güntersdorfer Pfarrei von Bensen aus mitbetreut. Anschließend wurde die Pfarrei eine Filialkirche der Pfarrei St. Martin in Markersdorf und erst nach langjährigen Bemühungen 1725 wieder eine selbständige Pfarrei. Von den Kirchenbüchern für den Pfarrsprengel Güntersdorf sind die Tauf- und Sterbematriken ab 1616 und die Trauungsmatriken seit 1602 erhalten (mit einer Lücke zwischen 1688 und 1704). Eintragungen sind aber auch in den Markerdorfer Matriken zu finden. Die alte Pfarrkirche St. Georg stammte noch aus spätgotischer Zeit. Sie brannte 1880 durch Blitzschlag ab und wurde bis 1884 wieder aufgebaut. Die Kirche verfiel nach der Vertreibung der deutschen Bevölkerung und wurde 1971 gesprengt. Seit 1710 stand die Kapelle Maria Schnee neben dem Gasthaus Harnisch (Nr. 71) an der Kaiserstraße und in unmittelbarer Nähe der Schenke Nr. 1, die von der Familie Kretschmer aus Güntersdorf bzw. Prag finanziert worden war. Sie wurde 1939 wegen einer Straßenverbreiterung abgetragen. Eine zweite Kapelle mit Namen Maria Geburt stand auf dem Platz des 1921 errichteten Kriegerdenkmals in unmittelbarer Nähe der Kirche, welche ebenfalls von der Familie Kretschmer erbaut worden war.
Güntersdorf wird erstmals 1352 in den Papstzehentregistern aus den Jahren 1352 bis 1405 als „guntheri villa” urkundlich erwähnt. Seit der Ortsgründung hatte eine Erbrichterei bestanden, die sich zusammen mit der Erbschänke in dem später mit der Hausnummer 1 versehenen Hof (Ahne) befand. Der älteste überlieferte Richtername Nikolaus wurde schon 1397 genannt. Das älteste Schöppenbuch wurde 1588 begonnen. Güntersdorf ist als zweireihiges Straßendorf mit Waldhufenanlage im 13. Jahrhundert durch deutsche Siedler gegründet worden. Für diesen im Tetschner Raum frühen Zeitpunkt sprechen hauptsächlich die großräumige Anlage und die beträchtliche Zahl von 18 Bauernstellen. Hinsichtlich des Ortsnamens besteht kein Zweifel, dass er auf den Personennamen Günter zurückzuführen ist, dessen Träger vermutlich der Lokator bzw. Gründer des Ortes und erster Inhaber des Erbrichteramtes gewesen ist. Von Familiennamen der frühen Zeit sind bekannt: 1437 Seiffried, 1468 Ahne, 1490 Seifert, 1505 Schwan (?), 1555 Lösel, 1536 Fritsch, 1558 Bartel, Dörre und Ulrich. Für alle der im 20. Jahrhundert in Nordböhmen weit verbreiteten Familienzweige Ahne und Fritsch(e) war Güntersdorf der Ursprungsort. 1654 standen 54 Wohngebäude im Ort, in denen 18 Bauern, elf Gärtner und 26 Häusler lebten. Die Familiennamen der in der Steuerrolle von 1654 von „Kintersdorff” eingetragenen Bauern lauten auf Hüttl, Hegenbart, Ratschke, Ahne, Bendel, Dörre, Fritsch, Grams, Gwaltiger, Hirsch, Kunert, Piesche, Schwarz und Wendl. Für kurze Zeit befand sich von der Mitte des 17. Jahrhunderts bis 1669 in Güntersdorf auch ein kleiner Rittersitz der Familie von Hirsch aus Markersdorf - vermutlich im Bereich des späteren Forsthauses. Im Theresianischen Kataster von 1713 sind für „Güntersdorff” 82 Häuser verzeichnet, in denen 29 Wirte und 53 Häusler lebten. 1739 wurde in Güntersdorf das letzte Eheding (= Volksgerichtsversammlung) als wohl eines der letzten überhaupt in der Gegend um Tetschen abgehalten. 1787 gab es 128 Häuser und 1833 lebten 925 Einwohner in 152 Häusern. Am 8. Mai 1945 griffen russische Jagdflieger den Ort an, wobei eine Brandbombe das Gasthaus Ahne traf und einen größeren Schaden anrichtete. Die meisten Einwohner mussten am 15.11.1945 ihre Heimat verlassen, die letzten 50 Güntersdorfer wurden am 16.08.1946 zusammen mit Pfarrer Holfeld nach Westdeutschland vertrieben.
Die höchste Bevölkerungszahl erreichte Güntersdorf um 1850 mit 951 Einwohnern; mit Franzberg und Poppendörfel zusammen waren es 1.222 Einwohner. Bei den Volkszählungen von 1869 und 1890 wurden 858 (Gesamtgemeinde 1.092) bzw. 814 (1.023) deutsche Einwohner festgestellt. Wegen fehlender Industrie sank die Einwohnerzahl allmählich ab. Die häufigsten Familiennamen waren 1934 Ahne, Hegenbart, Fritsch, Gautsch, Hübner, Lorenz, Lösel, Piesche, Ritschel, Füger, Heidenreich, Laube und Neumann.
Poppendörfel
Die älteste bekannte Erwähnung dieser kleinen, am Rande der Güntersdorfer Hochfläche nach Westen gelegenen Ortschaft stammt von 1588. Es gibt aber mehrere Hinweise, dass der Ort wesentlich älter ist. Der Name geht sicherlich auf eine Umformung aus „Bocken” zurück. Schon 1454 wurde der Ort „Bukowina” (= Buchenort) zwischen Losdorf und Falkendorf gelegen, genannt. Im Dreißigjährigen Krieg wurde Poppendörfel völlig zerstört. 1659 ist verzeichnet, dass die vier Wirte Thomas Sommer, Franz Ritschel, Chr. Sehakel und Jonas Süßig neu angesiedelt wurden. Die beiden letzteren weisen auf eine Herkunft aus Falkendorf und Losdorf hin. Der 1604 in Poppendörfel vertreten gewesene Name Schicht trat nicht mehr auf. 1714 gab es sechs Häuser, in denen 35 Einwohner lebten. 1787 waren es sieben Nummern und 1833 ebenfalls sieben Häuser mit 40 Einwohnern. Den höchsten Bevölkerungsstand erreichte der Ort 1848 mit 49 Einwohnern. Bei den Volkszählungen von 1869 und 1890 waren es 34 bzw. 31 Personen. 1934 kamen in Poppendörfel die Familiennamen Ahne, Hübner, Kunert und Ratschke je zweimal vor.
Franzberg
Der im 16. Jahrhundert eingerichtete Meierhof bei Güntersdorf, der 1607 erweitert worden war, wurde ab 1775 aufgelöst. Auf den verkauften Grundstücken wurden ab 1780 die ersten Häuser erbaut. 1787 waren bereits neun Häuser entstanden. Der Ortsname geht auf den Gründer, Graf Franz Joseph von Thun zurück. 1815 standen 28 Häuser, die von 151 Personen bewohnt waren. 1833 hatte Franzberg 30 Häuser mit 189 Einwohnern. 1857 wurde mit 216 Bewohnern der höchste Bevölkerungsstand erreicht. Bei den Volkszählungen von 1869 und 1890 wurden 200 bzw. 188 deutsche Einwohner festgestellt. 1930 waren es noch 143. Die mehrfach vorkommenden Familiennamen in Franzberg waren 1934 Ahne, Hegenbart, Schieche, Grams, Henke, Michel, Neumann und Ringel.
1950 hatten Huntirov 401 und das dazugehörige Františkuv Vrch 65 Einwohner. 1969 wurden die Ortschaften Stará Oleška und Nová Oleška (= Alt-Ohlisch und Neu-Ohlisch) eingemeindet. Diese beiden Dörfer hatten sich schon 1957 zu einer politischen Gemeinde verbunden. Poppendörfel (= Popovicky) am Fuße des Poppenbergs wurde als Ansiedlung vollkommen aufgegeben. Auch Okrouhlík (= Bauscheibe) und Hadergrund als Ortsteile von Alt-Ohlisch werden nicht mehr bewohnt. Das Gemeindegebiet umfasst nun 14,23 qkm. Bei der Volkszählung am 28.08.2006 zählte man in der politischen Gemeinde Huntírov 728 Einwohner, am 01.01.2018 waren es 823.
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