Die Gemeinde Franzenthal-Ulgersdorf bestand aus den vier Ortschaften Franzenthal, Ulgersdorf, Theresienthal und Josefswille. Die fünfte Ortschaft Neuland war um 1930 abgetrennt und der Stadtgemeinde Bensen angegliedert worden. Das Gemeindegebiet umfasste 198 ha, ist fast durchwegs bergig und war durch das Polzental in einen größeren südwestlichen und kleineren nordöstlichen Teil gegliedert. Der erstere erreicht Höhen von etwas über 400 m mit steil zum Polzen abfallenden, teils felsigen Hängen, der letztere gipfelt im Weberberg mit 315 m. Es überwiegt basaltisches Gestein, das im Scharfensteinfelsen mit Phillipsit durchsetzt ist. Infolge der geschützten Tallage und dem Eruptivgestein ist das Gebiet bei Franzenthal-Ulgersdorf eine der Wärmeinseln im Polzental. Franzenthal-Ulgersdorf war eine ausgesprochene Industriegemeinde, denn 63 % der Erwerbsbevölkerung entfiel 1939 auf Industrie und Handwerk, der Anteil der Beschäftigten in Handel und Verkehr lag bei knapp 13 % und in der Land- und Forstwirtschaft bei unter 10 %.
Das in der Neuzeit von der Gemeinde Franzenthal-Ulgersdorf eingenommene Gebiet gehörte von altersher zur Bensener Stadtpfarrei Mariä Geburt. Um 1580 erfolgte die Umpfarrung der damals einzigen bestehenden Ortschaft Ulgersdorf zur Stadtkirche St. Bartholomäus in Sandau. Nachdem 1708 Franzenthal und 1792 Josefswille gegründet worden waren, die beide der Pfarrei Bensen zugewiesen wurden, kehrte 1783 auch Ulgersdorf zur Mutterpfarrei Bensen zurück und das 1869 entstandene Theresienthal wurde ebenfalls dahin eingepfarrt. Die Matriken für die jüngeren Ortschaften wurden seit ihrer Gründung bei der Pfarrei Bensen geführt. Für Ulgersdorf finden sich bis 1623 vereinzelt Eintragungen in Bensen. In Sandau gibt es Matriken für Ulgersdorf von 1763 bis 1783. Danach beginnen die Ulgersdorfer Matriken in Bensen.
Vermutlich hatte Ulgersdorf als ältester Ort von der Gründung an ein Erbgericht, doch Nachweise fehlen. Seit dem 17. Jahrhundert bestand eine Ortsrichterei in Ulgersdorf und seit dem 18. Jahrhundert auch in Franzenthal und in Josefswille.
Burg Scharfenstein samt dem Herrschaftsgebiet
Die Erbauung der Burg Scharfenstein etwa auf halber Wegstrecke zwischen Tetschen und Böhmisch Leipa auf einem schwer zugänglichen Felsstock über einem scharfen Knie des Polzenflusses erfolgte um 1220/30 vermutlich durch Markwart von Jablonna, der von 1197 bis 1230 Burg- und Gaugraf (= Zupan) auf Tetschen war. Nach 1268 zog König Ottokar II. die Burg samt Umland als Krongut ein. Nach seinem Tode gelangte der Scharfenstein durch eine Schenkung König Wenzels II. 1283 an Johann von Michelsberg, dem Oberstmundschenk von Böhmen, dessen Ritterfahrten durch den Sänger Heinrich von Freiberg verherrlicht wurden. 1407 ging die Herrschaft Scharfenstein mit der Burg an die Familie Berka von Dauba über. Die Burg wurde im Rahmen der „Wartenberger Fehden” 1445 vom Lausitzer Sechsstädtebund zerstört und nie wieder aufgebaut. Die nachfolgenden Besitzer verlegten den Herrschaftssitz in die „Hofestatt” - das spätere obere Schloss in Bensen. 1562 erfolgte eine Herrschaftsteilung nach dem verstorbenen Besitzer Friedrich der Ältere von Salhausen auf dessen beiden Söhne Johann und Friedrich der Jüngere. Als beide 1575/76 verstorben waren, kam es zu einer neuerlichen (sehr komplexen) Teilung in eine „ältere” Herrschaft Scharfenstein und eine „jüngere” Herrschaft Scharfenstein mit dann wechselnden Besitzern. Im Jahre 1850 wurden sämtliche Teile wieder vereinigt und dem Gerichtsbezirk Bensen eingegliedert.
Franzenthal
Franzenthal wurde 1708 auf dem am linken Polzenufer gelegenen und schwer zugänglichen Gründen des Meierhofes Scharfenstein gegründet. Es erhielt seinen Namen nach dem Grafen Johann Franz von Thun, der die Grundstücke zur Verfügung stellte. Die Namen der ersten Ansiedler lauteten Wenzel, Bendel, Bauer, Dörr, Hackel, Hauptmann und Schwarzer. Sie stammten aus Hochdobern, Ober-Ebersdorf, Ulgersdorf und von der Schäferei Tröschel. 1787 hatte der Ort 20 Hausnummern und 1833 lebten 118 Einwohner in 22 Häusern. Mitte des 19. Jahrhunders stellte sich ein beachtlicher Aufschwung ein, als in Franzenthal mehrere Betriebe der Textilindustrie gegründet wurden. Bei den Volkszählungen von 1869, 1890 und 1910 hatte Franzenthal 301 bzw. 449 bzw. 566 Einwohner. Der Bevölkerungshöchststand wurde 1930 mit 590 Bewohnern erzielt, von denen 523 auf Franzenthal und 67 auf Scharfenstein entfielen. Die häufigsten Familiennamen in Franzenthal waren 1934 Heller, Weber, Lösel, Friedrich, Gärtner, König, Müller, Neumann und Tuma.
Meierhof Scharfenstein
Der nordwestlich der Burg auf der Hochfläche in Richtung Bensen gelegene Hof Scharfenstein bestand schon im 15. Jahrhundert und war damals zeitweise als Unterlehen vergeben. Seit dem 16. Jahrhundert bewirtschafteten ihn die Herrschaftsbesitzer selbst. Die Stallungen waren zur Unterbringung von 600 Schafen und 50 Rindern geeignet. Die Schäferei Tröschel war dem Hof unterstellt. Seit 1795 war der Meierhof verpachtet und die Gründe wurden im Laufe des 19. Jahrhunderts in Teilen verkauft.
Josefswille
Volkstümlich wurde Josefswille als „Tröschel” bezeichnet und mindestens seit 1570 als Schäferei genutzt. Als die Schäferei 1782 aufgelöst wurde, vergab Graf Franz Josef von Thun rund 44 ha Grundfläche an Siedler, deren Häuser in vier Gruppen bzw. vier Ortsteilen angeordnet wurden. Diese bekamen den Namen „Josefswille”, wobei „Wille” wahrscheinlich im Sinne des lateinischen Wortes „villa” = Dorf zu verstehen ist. Die ersten vier Häuser bildeten den Ortsteil „Im Hofe” an der Stelle der alten Schäferei. Sie wurden von den Siedlern Schmied, Dörre und Möser erbaut. Bald folgten die zehn Häuser „Bergwiese” mit den Familien Fritsch, Hanke, Hübel, Lorenz, Schier, Schreiber, Selz und Tausch, dann die sechs Häuser „Lange Seite” oder „Lange Reihe” mit den Familien Haberschin, Kleinpeter, Püschel, Reichert, Richter und Röhrig sowie die vier Häuser „Am Grundbach” oder „Gründel” mit den Familien Klügel, Hanke und Klum. 1787 standen zwölf Häuser und 1833 hatte „Josephswille” schon 26 Wohngebäude mit 134 Einwohnern. Zunächst gelangte Josefswille zur politischen Gemeinde Niederebersdorf, bis es 1849 zur Gemeinde Neuland gelangte. Die häufigsten Familiennamen in Josefswille waren 1934 Lorenz, Mattausch, Tausch und Weidner.
Kolonie Theresienthal
Theresienthal („Neuhäuser”) wurde als Arbeiterwohnkolonie mit zehn Doppelhäusern für 20 Familien 1869 von der Firma Mattausch u. Sohn gestiftet, welche Eigentümer der Werkswohnungen blieb. Der Ort erhielt seinen Namen nach Therese Mattausch geb. Münzberg, der Frau des Textilindustriellen Franz Mattausch. Bei den Volkszählungen von 1869 und 1890 hatte der Ort 112 bzw. 116 Einwohner. 1930 lebten nur noch 74 Menschen dort. Die häufigsten Familiennamen waren 1934 Heller und Weigel.
Ulgersdorf
Ulgersdorf dürfte entweder kurz vor oder bald nach den Hussitenkriegen im 15. Jahrhundert entstanden sein. Es ist am rechten Polzenufer als einseitige Reihensiedlung mit Waldhufenfluren angelegt. Der Ortsname dürfte auf den Personennamen Ulrich oder Udalrich zurückzuführen sein, welcher der Lokator bzw. Gründer war. Im Jahre 1543 wurde „Ulgirstorff” und 1611 „Ulgersdorff” geschrieben. Die ältesten überlieferten Familienamen des Ortes sind Ast (später Austen) und Brosche, die für 1570, sowie Lorenz und Störch, die für 1580 belegt sind. Die Mertendorfer Matrik nennt für 1611 Habscher. Das Schätzungsregister von 1612 führt die Wirte Lorenz, Ast, Bendel, Brosche, Hockschar und Stopke (später Stöppich) auf. 1654 hatte der Ort zehn Häuser, ebenso wie im Jahre 1713. 1787 wurden 22 Hausnummern registriert und 1833 standen 25 Häuser, in denen 121 Einwohner lebten. Bei den Volkszählungen von 1869, 1890 und 1910 lebten 223 bzw. 398 bzw. 456 Bewohner im Dorf. Die häufigsten Familiennamen in Ulgersdorf waren 1934 Richter, Werner, Fiedler, Gautsch, Hackel, Gabler, Heide, Heller, Hentschel, Hübel, Hüttel, Klügel, König, Lösel, Müller, Neumann, Nittel, Philipp, Ringelhan, Schneider, Thörme und Weigel.
Die tschechische Gemeinde Františkov nad Ploucnici (= Franzenthal) kommt ohne den Ortsnamen Ulgersdorf aus, welcher völlig aufgegeben wurde. 1961 lebten 1.091 Einwohner im Ort. Am 28.08.2006 wohnten 374 Menschen in der Gemeinde, am 01.01.2018 waren es 384. Josefswille wird nunmehr als Mlatce (= Drescherei, abgeleitet vom mundartlichen „Tröschl”) bezeichnet - 1961 lebten dort 45 Personen.